1 Jahr Ukraine-Konflikt: vielfältige Unterstützung der Geflüchteten durch Rotes Kreuz
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine vor fast einem Jahr leistet das Schweizerische Rote Kreuz Hilfe. Millionen von Menschen mussten wegen der Unsicherheit, Gewalt und Zerstörung ihr Zuhause verlassen. Als Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung unterstützt das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) die Ukraine und ihre Nachbarländer. In der Schweiz setzt sich das SRK über verschiedene Informations- und Integrationsprojekte für die Geflüchteten ein.
Seit März 2022 unterstützt das SRK das Ukrainische Rote Kreuz (URCS) in den Regionen Iwano-Frankiwsk und Ternopil. Im November hat es seine Unterstützung auf die Region Kirovohrad ausgedehnt. In diesen Gebieten haben Hunderttausende intern Vertriebene aus dem Osten des Landes Zuflucht gefunden. Im Fokus der Aktivitäten steht, die wichtigsten Bedürfnisse der Geflüchteten abzudecken, Unterkünfte zu suchen, den Zugang zu medizinischen Leistungen sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass sie sich aufwärmen können.
Das SRK hat in der Ukraine 25 Kollektivunterkünfte renoviert, eingerichtet und mit rund 8000 Betten ausgestattet. Die Unterkünfte beherbergen intern Vertriebene, die nicht bei Angehörigen oder Freunden unterkommen konnten. Fast 14 000 Menschen in Not erhielten Bargeld, um Lebensmittel, Hygieneartikel oder Holz zum Heizen im Winter zu kaufen. Die Hilfe umfasst ausserdem Hauspflege-Dienstleistungen und Material für Gesundheitseinrichtungen. Als langjähriger Partner des URCS unterstützt das SRK seine Schwesterorganisation auch über die Einrichtung von Online-Fundraising-Systemen. So konnte das URCS bei Kriegsausbruch innert weniger Stunden einen Spendenaufruf lancieren und bereits in den ersten Wochen 14 Millionen Dollar Spenden sammeln. Die Spenden-Plattform soll dem Ukrainischen Roten Kreuz als nachhaltige Finanzierungsquelle dienen. In den Nachbarländern unterstützt das SRK die nationalen Rotkreuzgesellschaften Moldawiens und Polens, wo zahlreiche Geflüchtete Schutz gesucht haben.
SRK übernimmt Verantwortung
Seit Beginn der Krise haben mehrere Expertinnen und ‑Experten des SRK wichtige Funktionen für die Koordinierung der Arbeit der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung übernommen. So zeichnete das SRK von März bis August 2022 für die Logistikkette der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) verantwortlich. Im Mai 2022 übernahm es die operative Leitung sämtlicher Hilfeleistungen der IFRC, und ein Mitarbeiter des SRK wurde zum Chef der IFRC-Delegation in der Ukraine ernannt.
Spendensammelrekord
In der Schweiz sammelte das SRK 51 Millionen Franken im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt. Diese Rekordsumme zeugt von der durch den Krieg ausgelösten Solidarität und Betroffenheit. Drei Viertel des Betrags oder 37,7 Millionen Franken hat das SRK 2022 bereits für konkrete Aktivitäten eingesetzt oder spezifischen Projekten zugewiesen. Mit dem Rest wird es sein Engagement fortsetzen, um die Not der von der anhaltenden Krise betroffenen Menschen zu lindern und die Kapazitäten der Partner vor Ort zu stärken.
Das SRK unterstützt Schweizer Behörden
Seit dem 2. Weltkrieg sind nie mehr in so kurzer Zeit so viele Menschen in die Schweiz geflüchtet. Bereits in den ersten sechs Monaten nach Kriegsbeginn beantragten mehr als 60'000 aus der Ukraine geflüchtete Menschen den Schutzstatus S. Mehrheitlich Frauen, Kinder und ältere Menschen suchten Sicherheit und Schutz vor dem Konflikt in ihrem Heimatland. Das SRK reagierte rasch, stellte zusätzliche Ressourcen bereit und unterstützte mit Mitarbeitenden und Rotkreuz-Freiwilligen die nationalen und kantonalen Behörden beim Empfang der Geflüchteten – sei es in den Bundesasylzentren, mit Empfangszentren in den Bahnhöfen oder im Kontakt mit den Gastfamilien. In Kantonen wie Tessin, Bern oder Uri wurde das SRK beispielsweise mit der Unterbringung und Betreuung der Schutzsuchenden beauftragt. Die Geflüchteten benötigten Kleidung, Nahrung, Lebensmittelgutscheine oder auch erste Informationen. Hilfe, die das SRK dank der grossen Solidarität der Schweizer Bevölkerung leisten konnte.
Zuverlässige und unkompliziert zugängliche Informationen zu finden, ist im föderalen System der Schweiz für Geflüchtete eine besondere Herausforderung. Über die SRK-Plattform «HELPFUL» erhalten geflüchtete Menschen aus der Ukraine alle notwendigen Informationen: von den ersten Schritten bei der Ankunft, über Fragen zur Unterkunft, Sicherheit bis zur finanziellen Unterstützung oder zur medizinischen Versorgung.
Ohne Landessprache kein Job
Dank der langjährigen Expertise in der Integration von geflüchteten Menschen konnten die Rotkreuz-Kantonalverbände ihre bestehenden Angebote rasch auf die Bedürfnisse der Geflüchteten aus der Ukraine anpassen. In Sprachkursen lernen die Geflüchteten eine der Landessprachen, in Austauschtreffen oder -Cafés werden sie vertraut mit der schweizerischen Kultur, in einem Mentoring-Programm begleiten Freiwillige eine geflüchtete Person und bieten Unterstützung in administrativen Fragen oder helfen bei der Arbeits- und Wohnungssuche. Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, haben Schweres hinter sich. Mit niederschwelligen psychosozialen Beratungsangeboten, Kursen oder Gruppenangeboten hilft das SRK den traumatisierten Menschen. So entstanden schweizweit an die 100 Projekte für geflüchtete Menschen aus der Ukraine.
Das SRK geht davon aus, dass der Einsatz in der Ukraine andauern wird und der Bedarf an Nothilfe vor Ort längerfristig bestehen bleibt. Je länger der Krieg dauert und je grösser die Zerstörung in der Ukraine wird, desto länger können die geflüchteten Menschen nicht in ihr Heimatland zurück. Das SRK stellt sich auf eine längerfristige Unterstützung vor Ort, in den Partnerländern und in der Schweiz ein.