Moldawien: willkommene Winterhilfe
Mit den gesammelten Spenden aus der Aktion «2 x Weihnachten» finanziert das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) die Winterhilfe in Moldawien. In diesem Land, in dem ältere Menschen oft isoliert und unter schwierigen Bedingungen leben, sind warme Mahlzeiten und Lebensmittelpakete eine wichtige Unterstützung.
Text: Célia Francillon | Fotos: Remo Nägeli
Ein Lächeln erhellt das Gesicht der 89-jährigen Ana Sorocean. Sie ist fast blind, aber sie riecht den Duft der warmen Mahlzeit, die kommt. Täglich von Montag bis Freitag bringt ihr eine Mitarbeiterin der Kantine des Nachbardorfes ein Einmachglas mit frisch gekochtem Essen. Eine reichhaltige Suppe, Fleisch, stärkehaltige Nahrungsmittel – die wertvolle Lieferung reicht ihr für zwei Mahlzeiten.
Ana Sorocean lebt alleine, von einer Pension von 45 Euro pro Monat, dazu kommen 20 Euro von der Sozialhilfe. Ihr Mann ist vor über 20 Jahren verstorben und ihre sechs Kinder hat sie verloren, als diese noch jung waren. Es bleibt ihr noch eine Enkelin, die in Island lebt, von der sie aber nichts mehr gehört hat. In ihrem Haus im Dorf Bahrinesti gibt es kein fliessendes Wasser. Dieses muss am Brunnen geholt werden. Eine Zentralheizung hat es auch nicht. Ihr Ofen wird mit Holz geheizt. Zum Glück kann sie auf die Hilfe einer Frau zählen, die ihr Wasser bringt, Holz ins Feuer legt und ihr beim Essen hilft. Diese Mahlzeit gibt ihr die Kraft, um sich ihrem tristen Alltag zu stellen.
Ich bin froh, diese warmen Mahlzeiten zu erhalten. Sie schmecken gut und helfen mir, den Winter zu überstehen.
Ana Sorocean, 89 Jahre alt, erhält Winterhilfe vom SRK.
Lange und kalte Winter
In Moldawien, wo jede dritte Person über 60 Jahre alt ist, leben zahlreiche Menschen isoliert und unter harten Bedingungen – wie Ana. Die wirtschaftlichen Aussichten und der Arbeitsmarkt sind düster. Die junge Generation ist gezwungen, für die Arbeit in die Stadt oder ins Ausland zu ziehen. Die älteren Menschen auf dem Land bleiben alleine und ohne Unterstützung zurück. Die Winter sind lang und kalt. Die Häuser in abgelegenen Regionen verfügen weder über fliessendes Wasser noch über eine Zentralheizung. Aus diesem Grund finanzieren das SRK und die Aktion «2 x Weihnachten» in Partnerschaft mit dem lokalen Partner Casmed Winterhilfe für vier Monate.
In 15 Dörfern im Norden Moldawiens bereiten lokale Kantinen täglich warme Mahlzeiten für 570 bedürftige Bewohnerinnen und Bewohner zu. Die Mahlzeiten werden anschliessend nach Hause geliefert oder die Begünstigten können sie selber abholen. Vor der Pandemie kamen die Bewohnerinnen und Bewohner regelmässig zur Suppenküche, um zusammen zu essen und eine gesellige Zeit zu verbringen.
Verteilung von Nahrungsmittel-Paketen
Das Moldawische Rote Kreuz übernimmt mit Unterstützung des SRK auch die Verteilung der Nahrungsmittel-Pakete. In Briceni liefern junge und dynamische Freiwillige die Pakete aus. Die 72-jährige Reiza Pleigin ist eine der Begünstigten. Die ehemalige Polizeichefin hätte nie gedacht, einmal in dieser Situation zu sein. Sie verlor vor zehn Jahren ihren Mann. Nachdem sie über 45 Jahre in Chisinau, der Hauptstadt Moldawiens, gelebt hatte, zog sie vor 16 Jahren nach Briceni, dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist. Ihre Enkelin wohnt im Haus nebenan, aber ihre Tochter lebt in Italien.
Mit ihrer mageren Pension kommt die Grossmutter kaum über die Runden. Auch sie leidet unter einer Sehschwäche und würde sich gerne operieren lassen. Sie versucht zu sparen, da die Krankenkasse nicht die gesamten Kosten übernimmt. Es ist ein Glück, dass sie noch selber kochen kann. Das Paket mit Reis, Teigwaren, Öl sowie Konservenfleisch ist eine willkommene Unterstützung. Es ermöglicht ihr, ein wenig Geld zur Seite zu legen, um – so hofft sie – sich eines Tages die Augen operieren zu lassen.
GUT ZU WISSEN
Online kann das ganze Jahr über gespendet werden
Mit den eingegangenen Spenden können vor Ort in Armenien, Bosnien und Herzegowina, Moldawien und Kirgistan Lebensmittel und Grundbedarfsartikel gekauft werden. Die Spenden werden direkt eingesetzt, um von Hunger und Armut betroffene Menschen zu unterstützen.