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Auch Idyllen brauchen Katastrophenschutz

Reportage

Das Bauerndorf Nueva Esperanza im Süden von Honduras ist durch den Klimawandel bedroht. Die Dorfbevölkerung schöpft dank der Hilfe des SRK neue Hoffnung. Der Katastrophenschutz gibt den Anstoss für viele Verbesserungen des Alltagslebens.

Text: Sandra Weiss | Fotos: Florian Kopp

Eliecer Cruz, ein Dorfbewohner, diktiert Daten aus der Wetterstation: «Temperatur 32 Grad, leichte Brise aus Westen, Luftfeuchtigkeit 90 Prozent.» Die Wetterstation ist vom Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) finanziert und liegt auf einer Anhöhe im Weiler Nueva Esperanza im Süden von Honduras.

Der Blick von oben ist atemberaubend: Grüne Hügel bis zum Horizont, klare Bergflüsse, dazwischen Maisfelder und ein paar Höfe. Aus der Ferne hört man Hühnergackern.

Grün bewachsene Hügel, die bis zum Horizont reichen. In den Tälern lassen sich einige wenige Häuser entdecken.

Die Idylle trügt

Nueva Esperanza ist ein bitterarmes Bauerndorf. Die Menschen leben in einfachen Häusern mit Aussenküchen und Latrinen. Das Wasser stammt aus Brunnen. Obwohl sie so einfach leben und nur wenig CO2 verursachen, sind sie stark gefährdet durch den Klimawandel. Nueva Esperanza ist auf den Karten des honduranischen Katastrophenschutzes tiefrot gefärbt.

Von Minen durchlöcherte Hügel

In den umliegenden Hügeln befinden sich alte Minen, die zum Teil noch aus der Kolonialzeit stammen. Silber und Gold förderten die Spanier dort; die letzten Stollen wurden vor einem Vierteljahrhundert geschlossen. Doch die malerischen Hügel sind durchlöchert und so instabil, dass sie bei schwerem Regen abrutschen und im schlimmsten Fall das Dorf unter sich begraben könnten. Die Wetterstation soll frühzeitig vor einem erhöhten Risiko warnen.

Sorgen der Bevölkerung

«Uns war die Gefahr nicht bewusst. Aber worunter wir ziemlich litten, waren die marode Schule und der lange Weg zum Gesundheitsposten», erzählt Dorfvorsteher José Pavón. Mit 73 Jahren ist er einer der Ältesten im Ort. Als das Rote Kreuz wegen der rotgefärbten Karte ins Dorf kam und von einem Katastrophenplan sprach, nickte er – und trug dann die brennenderen Sorgen der Dorfbevölkerung vor. So entstand gemeinsam ein umfassender Aktionsplan. «Er war eine Wende für unser Dorfleben», sagt Pavón. Finanziert wurde diese vom SRK. «Den Anfang machte unsere Organisation», erzählt er weiter.

Portraitaufnahme eines älteren Mannes mit Schnauz, einem Hut und oranger Weste. Im Hintergrund befinden sich Bäume und ein weiterer Mann.
José Pavón ist Dorfvorsteher und Vorsitzender des Katastrophenschutzes.

Gesundheit, Infrastruktur und Katastrophenschutz

Mehrere Komitees wurden gebildet – eines für Gesundheit, eines für Infrastruktur, eines für Katastrophenschutz. Die Schule erhielt eine Gemeinschaftsküche und zwei neue Latrinen. Der Gesundheitsposten wurde renoviert. Das Quellgebiet des Flusses wurde aufgeforstet. Damit wird sichergestellt, dass auch in der Trockenzeit das Wasser nicht ausgeht. Gleichzeitig werden die Hänge befestigt, sodass Erdrutsche weniger wahrscheinlich sind. Schutzmauern an Flussufern und an Häusern in extremen Hanglagen wurden gebaut. Das Material stellte das Rote Kreuz zur Verfügung, die Arbeit leisten die Dorfbewohnerinnen und -bewohner.

An einer hügeligen Stelle hinter einem Haus steht eine Mauer. Oberhalb arbeiten vier Menschen in der Landschaft.

Die Wichtigkeit von zementierten Fahrspuren

Nach demselben Schema entstehen gerade zwei zementierte Fahrspuren. Mit ihnen wird die Piste auch bei schlechtem Wetter befahrbar. Eine Evakuierung geht dadurch schneller. «Davon haben wir lange geträumt», schwärmt Pavón. «Früher mussten wir Kranke in Hängematten aus dem Dorf tragen.»

Früher mussten wir Kranke in Hängematten aus dem Dorf tragen.

José Pavón, 73 Jahre alt, Dorfvorsteher und Vorsitzender des Katastrophenschutzes von Nueva Esperanza

Mutter-Kind-Gesundheit

Hand in Hand mit dem Katastrophenschutz geht die Gesundheitsförderung. Hebammen wurden ausgebildet, um Risikoschwangerschaften frühzeitig zu erkennen und die werdenden Mütter in Spitäler einzuweisen.

Eine Mutter hält sitzend ein Säugling im Arm. Sie spricht mit einer anderen Frau, die eine rote Weste trägt.
Kelim Gonzales, Projektverantwortliche des SRK, spricht vor der Mutter-Kind-Klinik in Pespire, Departamento de Choluteca, Honduras mit einer Mutter.
Eine Frau in Schutzkleidung impft eine Jugendliche. Sie befinden sich in einem Schulhaus.

Zugang zu Medizin

Rotkreuz-Helferinnen und -Helfer organisieren gemeinsam mit dem Fachpersonal des Gesundheitspostens mobile Kliniken. So können sich alle impfen und untersuchen lassen. Parallel dazu finden Informations-Workshops über Säuglingspflege und Empfängnisverhütung, über gesunde Ernährung und Erste Hilfe statt.

Das Schicksal selbst in die Hand nehmen

«Wir haben gemeinsam viel gelernt», sagt Hebamme Suyapa Funes. «Bei uns gab es in den letzten fünf Jahren keinen einzigen Todesfall bei der Geburt», sagt sie stolz. Sie ist ausserdem die Herrin über den gemeinschaftlich eingerichteten Krisenfonds. Das Startkapital von umgerechnet knapp 150 Franken stellte das SRK. Nun kann jede und jeder sich etwas leihen aus dem Fonds und muss es zu einem gemeinschaftlich vereinbarten Zins zurückzahlen.

«Das ist ungemein nützlich», sagt Eliecer Cruz. «Neulich stürzte meine Tochter vom Baum und musste am Oberschenkel genäht werden.» Geld hatte er keines. Das hätte ihn früher in tiefe Verzweiflung gestürzt, denn er hätte bei Angehörigen und in der Nachbarschaft betteln müssen. «Nun ging ich schnurstracks zu Suyapa Funes, habe mir das Geld für den Transport ins Spital geliehen und los gings», erzählt er und umarmt die sechsjährige Scarlet, deren Narbe gut verheilt ist. «Das ganze Dorf hat profitiert», betont er. «Die Unterstützung des SRK hat unsere Gemeinschaft zusammengeschweisst. Wir können nun unser Schicksal selbst in die Hand nehmen.»

APROPOS

Novartis als offizieller Partner des SRK stärkt die Katastrophenvorsorge in Honduras finanziell. Zudem unterstützt Novartis im Katastrophenfall unbürokratisch und rasch die Katastrophenhilfe des SRK.

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