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Äthiopien: Zwei Jahre ohne Regen

Reportage

Vier Regenzeiten sind ausgeblieben. Im Süden von Äthiopien sind Böden und Flussbetten ausgetrocknet. Millionen Tiere sind verendet. Das Rote Kreuz unterstützt die Verletzlichsten mit Bargeld, Wasser und Hygienemassnahmen.

Text: Katharina Schindler | Fotos: Amélie Courcaud

Habdia Henta sitzt vor ihrer einfachen Unterkunft in Hulele, einem kleinen Dorf in der Region Moyale ganz im Süden von Äthiopien. Müde schüttelt sie den Kopf: «Ich weiss nicht, wie es weitergehen soll.» Ihr Mann ist schon vor Monaten auf der Suche nach Arbeit mit den beiden ältesten Söhnen weggezogen. Seither hat sie nichts mehr von ihnen gehört.

Ein kleiner Fluss führt durch eine trockene Gegend. Aus ihm trinken abgemagerte Kühe. Es befinden sich auch Menschen beim Fluss.
Ein ausgetrocknetes Flussbett in Moyale, Äthiopien
Eine Frau sitzt vor einer Hütte. Auf ihrem Schoss ist ein Kind, welches apathisch schaut.
Habdia Henta (32) mit ihrem jüngsten Kind. Es ist unterernährt.

Mit den drei kleineren Kindern ist Habdia Henta zurückgeblieben, auf sich selbst gestellt.

Das Jüngste sitzt apathisch auf ihrem Schoss. Wie viele Kleinkinder in dem Dorf leidet auch es an akuter Mangelernährung und braucht dringend medizinische Hilfe. «Zum Glück habe ich vom Roten Kreuz Unterstützung erhalten. So kann ich den Transport ins Gesundheitszentrum bezahlen», sagt die 32-Jährige.

Schlimmste Ernährungskrise seit Jahrzehnten

Der Süden von Äthiopien ist besonders stark von der anhaltenden Dürre betroffen, die in weiten Teilen Afrikas zur schlimmsten Ernährungskrise seit Jahrzehnten geführt hat. Allein in Äthiopien sind mehr als sieben Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

Die Wetterextreme haben in den vergangenen Jahren zugenommen, der Klimawandel ist hier bittere Realität. Politische Instabilität, Konflikte mit internen Vertreibungen sowie stark steigende Preise für Lebensmittel verschärfen die akute Krise.

Ein ausgetrockneter Fluss, der durch eine Landschaft mit Bäumen führt.
Ein ausgetrocknetes Flussbett in Moyale, wo es mehr als zwei Jahre nicht mehr geregnet hat.
Nahaufnahme Bodens, der steinig und ausgetrocknet ist.
Nach zwei Jahren ohne Regen ist der Boden in Borena im Süden von Äthiopien komplett ausgetrocknet.

115 Franken alle drei Monate

Habdia Henta und ihre Kinder gehören zu den rund 30'000 Menschen, die das SRK zusammen mit dem Äthiopischen Roten Kreuz in zwei Regionen im Süden des Landes unterstützt. Alle drei Monate erhalten die Familien umgerechnet 115 Schweizer Franken. «Das Geld reicht für das Nötigste», erklärt Amélie Courcaud, die Äthiopien-Delegierte des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK).

Amélie Courcaud, SRK-Delegierte in Äthiopien
Das Geld reicht für das Nötigste.

Amélie Courcaud, SRK-Delegierte in Äthiopien

Meist wird das Geld für Lebensmittel und Hygieneartikel eingesetzt. Oder auch für den Transport ins nächste Gesundheitszentrum. Die Begünstigten dieser Nothilfe werden aufgrund ihrer Gefährdung ausgewählt. Das sind: besonders arme Familien, alleinerziehende, kinderreiche Mütter oder Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen.

Zugang zu Trinkwasser

Die Ernährungsunsicherheit beeinträchtigt die Gesundheit der Menschen. Die Fälle von schwerer Unterernährung häufen sich. Am stärksten gefährdet sind Kleinkinder, schwangere Frauen und ältere Menschen.

Weil der Zugang zu Trinkwasser noch schwieriger ist als sonst, verteilt das Rote Kreuz Hilfsmittel für die Wasserreinigung und führt Hygiene-Kampagnen durch.

Wegziehen als letzte Option

Der Wegzug der Männer und ganzer Familien ist ebenfalls eine Belastung. Durch die interne Migration verschärft sich der Kampf um die knappen Ressourcen in anderen Regionen. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Konflikten und neuen Notlagen. Wegziehen ist denn auch für viele die allerletzte Option. So auch für die fünffache Mutter Habdia Henta. «Dank der Hilfe des Roten Kreuzes kann ich hier ausharren und auf den nächsten Regen hoffen», sagt sie.

Auch die 60-jährige Aisha Adugna ist mir ihrer Tochter und drei Enkelkindern zurückgeblieben, während ihr Mann und ihr Schwiegersohn weggezogen sind. Als Amélie Courcaud sie in Moyale getroffen hat, war die Frau voller Dankbarkeit: «Ich kann mein Glück kaum fassen, dass das Rote Kreuz mich unterstützt. Es ist das erste Mal im Leben, dass ich etwas geschenkt bekomme. Das gibt mir neue Hoffnung!»

Eine ältere Frau mit Kopftuch sitzt auf dem Boden und hält in ihrer rechten Hand einen Kanister. In der linken Hand hält sie ein Blatt Papier. Sie befindet sich vor einer Wand aus Lehm.
Ich kann mein Glück kaum fassen, dass das Rote Kreuz mich unterstützt. Es ist das erste Mal im Leben, dass ich etwas geschenkt bekomme. Das gibt mir neue Hoffnung!

Aisha Adugna, 60 Jahre alt, Einwohnerin von Gulele

Diese Begegnung hat die SRK-Delegierte tief berührt. Mehr denn je ist sie überzeugt: «Es ist richtig, dass wir uns als SRK in solch abgelegenen, vergessenen Regionen engagieren, wo sonst keine Organisation tätig ist. Denn hier ist die Not am grössten und die Menschen brauchen uns am dringendsten.» Das SRK wird dies auch weiterhin tun - mit Ihrer Hilfe.

GUT ZU WISSEN

SRK-Hilfe in vier Ländern Afrikas

Länder südlich der Sahara leiden unter der schwersten Ernährungskrise seit Jahrzehnten. Die Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe. Ausser in Äthiopien arbeitet das SRK auch in Südsudan, Sudan und Malawi eng mit seinen Schwestergesellschaften zusammen. Es unterstützt sie dabei, folgende Massnahmen zu treffen:

  • Kauf von Nahrung durch Bargeld-Transfers

  • Förderung der Hygiene

  • Stärkung der Kapazitäten

  • Behandlung und Prävention von Unterernährung

Helfen, wo es am nötigsten ist

Helfen Sie Menschen in Not weltweit und in der Schweiz. Unterstützen Sie die Katastrophenhilfe und die Katastrophenvorsorge des SRK.

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